
Wieder einmal hatte unser Kooperationsprojekt, die Aktion Brückenschlag, zu einem Dialogabend eingeladen, diesmal zum Thema „Medien“. 20 Bürger/innen waren gekommen, um miteinander zu erforschen, welche Rolle Medien bei der Entstehung von Polarisierung und gesellschaftlicher Spaltung spielen, und wie wir selbst davon betroffen sind – oder womöglich durch die Art unserer eigenen Mediennutzung selbst dazu beitragen.
WARUM dieses Thema?
"‘Lügenpresse‘ sagen die einen, ‚Verschwörungsschwurbler‘ schallt es zurück – so richtig nett sind die verschiedenen Medien nicht zueinander“, so hieß es in der Ausschreibung zu diesem Abend. Bei so gut wie jedem großen gesellschaftlichen Konflikt schwingt die Frage mit, wie er in den Medien behandelt und wie darüber berichtet wird. Ob Migration, Corona, Ukrainekrieg, Israel/Palästina oder Geschlechterpolitik. Den "Leitmedien" wird vorgeworfen, lückenhaft oder propagandistisch zu berichten; den "alternativen Medien" wird umgekehrt „verschwörungsideologische Schwurbelei“ attestiert. Wie weit sind wir bereits auf dem Weg in eine polarisierte Gesellschaft vorangeschritten, in der Medien nur noch aus ihrer jeweiligen Bubble für diese Bubble berichten?
Wie schon so manch früherer Dialogabend war auch dieser in drei Teile gegliedert, jeweils unterbrochen durch kurze Pausen, die zur Fortsetzung und Vertiefung der Gespräche am vom Orga-Team liebevoll gestalteten Buffet einluden.
In der ersten Prozessphase erkundeten wir das Feld unserer eigenen Medienkonsumgewohnheiten: Wieviel Zeit verbringen wir damit im Alltag? Welche Medien favorisieren wir? Inwieweit kennen wir die Erfahrung, durch neue Informationen (oder durch den Konsum anderer als unserer gewohnten Informationsquellen) unsere Meinung geändert zu haben? Aber auch: Welche Konflikte haben wir in unserem Umfeld erlebt, weil Menschen ihre Sicht der Welt auf verschiedene Informationsquellen stützen? Wie gut gelingt es uns, in solchen Situationen konstruktive Gespräche zu führen? Schließlich: welchen Medien vertrauen wir und warum?
Insgesamt stellte sich das Feld der Teilnehmenden dabei als recht polarisiert dar, das heißt es gab etwa gleich viele, die angaben, den Leitmedien eher zu vertrauen oder nicht zu vertrauen.
In der zweiten Prozessphase vertieften wir die Frage, warum wir eigentlich bestimmten Medien oder Quellen vertrauen (oder nicht). Welche Faktoren tragen jeweils dazu bei? In Kleingruppen kamen dabei unter anderem folgende Elemente zusammen: Vertrauen entsteht durch Differenziertheit/Mehrperspektivität/Komplexitätsfähigkeit, berufliches Ethos im Blick auf gute Recherche, transparente und professionelle Qualitätsstandards, eine wertschätzende Sprache sowie einen transparenten Umgang mit eventuellen Interessenkonflikten. Unter den Faktoren, die umgekehrt Vertrauen zerstören, wurden vor allem Polemik, Manipulation und Oberflächlichkeit genannt.
Hier ist eine Zusammenfassung der Punkte, die wir dazu gemeinsam erarbeitet haben.
Interessant war, dass durch den Austausch selbst mehr Gemeinsamkeiten entstanden oder zutage traten. Anders gesagt: das zuvor polarisierte Feld wurde kohärenter; es entwickelte eine stärkere gemeinsame Ausrichtung. Durch den Blick auf die Bedürfnisse hinter den eigenen Gewohnheiten der Mediennutzung entstand eine gewisse gemeinsame Werte- und Gesprächsgrundlage. Der Austausch zeigte, dass im Grunde alle dieselben oder ähnliche Bedürfnisse an die Medien haben.
In der dritten Prozessphase schließlich bot ein offenes Forum Raum, um persönliche Erfahrungen zu teilen, sowie Schmerz- und Hoffnungspunkte im Blick auf den Zusammenhang von Medien, Vertrauen und Demokratie zu benennen. Dabei waren auch kontroverse Positionen ausdrücklich willkommen.
Eine grundlegende Einsicht war, dass unsere Nervensysteme häufig von der Fülle an Eindrücken überfordert sind. Ein Übermaß an Nachrichten und Impulsen bringt uns aus der Kohärenz; es lässt uns mitunter unsere eigene Mitte verlieren. Dies kann zu Orientierungslosigkeit führen, die wiederum anfällig für Manipulation macht („Ich bin der Antifaschismus“, sagt der Faschismus). Vor diesem Hintergrund dominierte ein nachdenkliches Grundgefühl der Selbstreflexion und der „positiven Verunsicherung“ den Abend.
Weitere Einsichten, die hieraus entstanden, waren:
- Gegen etwas zu kämpfen, gibt dem Bekämpften mehr Energie. Es wäre besser (und würde auch den Medien gut anstehen), sich stärker für positive Entwicklungen einzusetzen.
- Wir sollten lernen, dem eigenen Gefühl, der inneren Stimme wieder zu vertrauen, um selbst zu spüren, was kohärent, integer, und womöglich wahr ist.
- Was, wenn beide Seiten eines Konflikts auf eine bestimmte Weise Recht hätten?
- So komplexe Krisen wie die, die wir heute durchleben, können nur von uns allen gemeinsam gelöst werden. Die Politik muss hierfür die Rahmenbedingungen schaffen, etwa indem Dialogarbeit stärker gefördert wird!
So endete denn auch dieser Dialogabend wieder mit durchweg zufriedenen bis begeisterten Rückmeldungen. Es habe gut getan, so ein Teilnehmer, „verschiedene Meinungen auf friedliche Weise auszutauschen“. Eine andere sagte: „Ich bin todmüde, total erschlagen, komme aber trotzdem wieder, weil es einfach ein tolles Format ist!“ Eine dritte sagte, sie nehme von Abend zu Abend eine „kontinuierliche Steigerung“ wahr, an Selbsterkenntnis, Selbstwahrnehmung und der Qualität des Miteinanders. Eine vierte Person sagte, sie sei stolz auf sich selbst, sich mit einem persönlichen Thema gezeigt zu haben.
Das am häufigsten genannte Wort in der Schlussrunde war „bereichert“. Manche der Einsichten oben wurden als „magische Momente“ erlebt – die zeigten, dass sich in diesen Abenden etwas entwickele, das hoffnungsvoll stimme. Einer der Organisatoren fasste sein Fazit denn auch mit den Worten zusammen: „die Arbeit hat sich total gelohnt!“
Die nächsten Dialoge der Aktion Brückenschlag finden am 30. September, 21. Oktober und 18. November 2025 statt (jeweils dienstags von 19-22h).
Anmeldung unter: https://aktion-brueckenschlag.de/